Meeresschutz in der kroatischen Adria

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Seit vielen Jahren setzen wir uns gemeinsam mit Dr. Martina Đuras und anderen Tierärzten von der Tiermedizinischen Fakultät der Universität Zagreb für den Erhalt der Artenvielfalt in der kroatischen Adria ein. Denn das Adriatische Meer überrascht mit zahlreichen Meerestierarten. Mit Abstand am bekanntesten dürften die sogenannten Adria-Delfine sein. Hierbei handelt es sich um eine kleine Population Großer Tümmler. Sie leben das ganze Jahr über nahe der kroatischen Küste und Inseln. Meist trifft man sie weniger als 5 Kilometer vom Land entfernt.

Artenvielfalt in der Adria

Doch auch andere Meeressäugerarten wie Finnwale, Pottwale, Buckelwale, Cuvier-Schnabelwale oder immer wieder auch reiselustige Jungtiere der vom Aussterben bedrohten Mittelmeer-Mönchsrobben tauchen in der kroatischen Adria auf, wenngleich eher selten.

Im Frühjahr 2021 verschlug es sogar eine der größten Delfinarten, Kleine Schwertwale (Pseudorca crassidens), in die Kvarner Bucht in der nördlichen Adria. Es war eine fünfköpfige Gruppe, darunter ein Jungtier.

Kleiner Schwertwal

Diese mächtigen Delfine sind selbst im Mittelmeer seltene Gäste. Zwischen 1988 und 2013 gab es hier nur neun Sichtungen und acht Strandungen. Foto: NOAA/Unsplash

Seltenere Anblicke sind Lederschildkröten, Echte Karettschildkröten, Rote Thunfische, Mondfische, Weiße Haie, Riesenhaie und sogar Kurzflossen-Makohaie, eine Haiart, die im Mittelmeer fast ausgerottet ist. Mit ein wenig Glück kann man auch die zu den Teufelsrochen gehörenden Meeresteufel (Mobula mobular) bei ihren hohen Luftsprüngen beobachten.

Während manche Arten lediglich Irrgäste sind oder Jäger, die ihrer Beute folgen, leben viele andere ständig im Adriatischen Meer. Jedoch sind die meisten von ihnen heute ein seltener Anblick. Die Ursachen sind Meeresverschmutzung, Nahrungsverknappung durch Überfischung, Beifangtod in unselektivem Fanggerät, schlechtes Fischereimanagement und Auswirkungen des Massentourismus (Overtourism).

Welche Delfinarten leben in der Adria?

Delfine agieren wie Haie, Rote Thune und andere große Meeresraubtiere ganz oben im marinen Nahrungsnetz. Sie gehören zu den Topindikatoren für den Zustand des Ökosystems, in dem sie leben. Verschwinden sie, dann sieht es düster aus für all die anderen Tierarten, derer man größtenteils gar nicht gewahr wird.

Bergung eines gestrandeten Adria-Delfins

Bergung eines toten Adria-Delfins, der zur Untersuchung der Todesursache in die tierärztliche Fakultät der Uni Zagreb transportiert wird. Foto: T. Gomercic/DSM

Die einst großen Delfinbestände in der Adria gibt es nur noch in den Erzählungen alter Fischer. Denn Wasserverschmutzung, Überfischung, Beifangtod in Fischernetzen und direkte Tötung ließen die Bestände im Laufe der Jahre zusammenbrechen.

Nur eine Art erwies sich als robust genug, dem Vernichtungsfeldzug standzuhalten. Es ist der Große Tümmler (Tursiops truncatus) oder „Gute Delfin“ (dobri dupin) auf Kroatisch.

Fischerboot begegnet einem Großer Tümmler in der Adria.
Großer Tümmler in der Adria. Foto: U. Kirsch/DSM

Der Gesamtbestand der Großen Tümmler in der kroatischen Adria ist nicht bekannt. Es gibt kleinere ortstreue Populationen bei den Insel Mali Lošinj in der Kvarner Bucht und Vis weiter im Süden geben. Sie sind die letzten Delfine, die dauerhaft in der kroatischen Adria leben. Mit erstaunlicher Beharrlichkeit halten sie fest an ihrem Lebensraum, „ihrem“ kroatischen Meer.

Experten schätzen die Gesamtpopulation auf etwa 5.600 Tiere.

Rundkopfdelfine (Grampus griseus), die einst häufigen Gemeinen Delfine (Delphinus delphis) oder Blau-Weiße Delfine (Stenella coeruleoalba) kommen in der kroatischen Adria dagegen nur noch als Irrgäste vor.

Adria-Delfine: Viele Gefahren

Auch wenn die Population der Adria-Delfine seit Jahren relativ stabil ist, sterben immer noch zu viele Tiere durch menschlichen Einfluss: etwa 50 Prozent. Sie ertrinken in Fischernetzen. Sie sterben an den Folgen von verschluckten Netzteilen oder Plastikmüll. Andere werden beschossen, harpuniert oder beim illegalen Fischen mit Dynamit zerfetzt.

Nach Auswertung der Totfunddaten aus den letzten Jahren beschreibt Martina Đuras die Lage als nach wie vor kritisch.

Adria-Delfine besser schützen!

Großer Tümmler aus der kroatischen Adria starb an verschlucktem Fischernetz

Aussterben verhindern – bedrohte Populationen schützen! Ihre Hilfe für die Adria-Delfine.


Finnwale

Finnwale (Balaenoptera physalus), die zweitgrößten Tiere der Erde, sind ständige Bewohner des Mittelmeers und lassen sich gelegentlich auch in der kroatischen Adria blicken. Dies dürfte mit einem zeitweise günstigen Nahrungsangebot zusammenhängen. Fast jedes Jahr gibt es ein oder zwei Meldungen über Sichtungen von Finnwalen. Mehrfach gab es hier auch schon Strandungen.

Gestrandeter Finnwal im Karinsko More.

DSM-Team dokumentiert die Sektion eines jungen Finnwals, der sich ins Karinsko More verirrt hatte, strandete und starb. © U. Karlowski/DSM


Haie

Die Zeiten, da Strände in Kroatien mit Netzen vor gefährlichen Haien geschützt wurden, sind schon sehr lange vorbei. Angst vor Haien muss man beim Urlaub in der kroatischen Adria nicht mehr haben. Zwar war das Adriatische Meer zu keiner Zeit ein Hai-Hotspot. Doch gab es hier früher auch große Arten häufiger, wie Weiße Haie, Blauhaie oder Riesenhaie. Mittlerweile ist es im gesamten Mittelmeer um diese Knorpelfische allerdings schlecht bestellt.

Kurzflossen-Makohaie kommen gelegentlich in die kroatische Adria.

Sogar Kurzflossen-Makohaie tauchen vereinzelt auch in der kroatischen Adria auf. So versetzte im Juni 2019 ein Drei-Meter-Mako Touristen und Einheimische bei Makarska in (völlig unnötige) Aufruhr.
© Fred Buyle


Mittelmeer-Mönchsrobben

Mittelmeer-Mönchsrobben (Monachus monachus) gehören zu den europäischen Meeressäugetieren mit dem höchsten Aussterberisiko. Im Mittelmeer gibt es vielleicht noch 350 bis 450 erwachsene Individuen. In Kroatien gelten sie offiziell als ausgestorben.

Auch Mittelmeer-Mönchsrobben lassen sich manchmal in  kroatischen Küstengewässern blicken.

Seit einigen Jahren ziehen junge Mittelmeer-Mönchsrobben vermutlich aus Griechenland nach Norden und zeigen sich gelegentlich in Albanien und in der kroatischen Adria.
Foto: Edith und Jürgen Fleissner/DSM


Broschüre „Bedrohte Artenvielfalt in der Adria“

Broschüre Bedrohte Artenvielfalt in der Adria.
Broschüre Bedrohte Artenvielfalt in der Adria: Die Seidenspinnerin (Große Steckmuschel)

32 Meerestiere aus der Adria von Groß bis Klein. In unserem Artenführer „Bedrohte Artenvielfalt in der Adria“ stellen wir 32 Meerestiere von Groß bis Klein vor, die in der Adria leben: von Meeressäugern und Haien über Meeresschildkröten und Thunfische oder Seepferdchen.

Fast alle haben eines gemeinsam: Sie sind gefährdet oder wurden regional oder gar global an den Rand der Ausrottung getrieben.



Rettet die Adria!

Von 2014 bis 2016 unterstützten wir die erfolgreiche internationale Kampagne „Rettet die Adria“ gegen den großflächigen Bau von Offshore-Öl- und Gasförderanlagen in der kroatischen Adria. Eine Katastrophe wie bei der Ölförderplattform Deep Water Horizon im Golf von Mexiko würde das gesamte Ökosystem des relativ kleinen, umschlossenen Meeresgebiets der Adria irreparabel zerstören.

Tourismus – ein Großteil des kroatischen Bruttoinlandsprodukts stammt von dort – und Fischerei wären ruiniert. Meeresflora und -fauna, darunter die letzten Adria-Delfine, hätten keine Überlebenschance. Im Juni 2016 schließlich erklärte der damalige kroatische Wirtschaftsminister Tomislav Panenić, dass die Pläne vom Tisch seien. Es wird keine Offshore-Förderung von Öl und Gas in der Adria geben. Ein großer Erfolg für die Kampagne „Rettet die Adria“.

Explosion der Ölplattform Deepwater Horizon im Golf von Mexiko

Explosion der Deepwater Horizon im Jahr 2010. Foto: US Coast Guard


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