Ballastwasser-Übereinkommen

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Mit gut einem Jahr Verspätung trat das Internationale Übereinkommen zur Kontrolle und Behandlung von Ballastwasser und Sedimenten von Schiffen am 8. September 2017 in Kraft. Dabei hatten die Mitgliedsstaaten der Internationalen Schifffahrtsorganisation (IMO) schon 20014 eine Konvention zum Management von Ballastwasser unterzeichnet. Künftig sind Seeschiffe also verpflichtet, an Bord Anlagen zur Behandlung von Ballastwasser zu installieren. Damit soll die weltweite Verschleppung invasiver Tier- und Pflanzenarten verhindert werden.

Blinde Passagiere

Ballastwasser wird in Seeschiffen mitgeführt, um ihnen die notwendige Stabilität zu verleihen. Bei einem großen Containerschiff können das 100 000 Tonnen Wasser und mehr sein. Unzählige kleine Tiere, Larven, Pflanzen aber auch Viren und Bakterien werden dabei mit in die Tanks gepumpt. Anschließend gehen sie ungewollt auf große Fahrt und werden wieder freigesetzt, wenn das Ballastwasser an anderer Stelle abgelassen wird, um stattdessen Ladung aufzunehmen.

Containerschiff im Santa Barbara Kanal.

Die meisten der tierischen oder pflanzlichen „blinden Passagiere“ reisen im Ballastwasser. Durch den zunehmenden und immer schneller werdenden Schiffsverkehr wächst die Wahrscheinlichkeit, dass einige die Passage überleben.

Beim globalen Ballastwasser-Transport geraten allerlei Arten von Benthos- und Planktonorganismen wie Larven, Quallen, kleine Fische oder Muscheln in für sie fremde Lebensräume. Viele überleben den Transfer nicht. Erfolgreiche Neobiota, oder invasive Tier- und Pflanzenarten, können allerdings in ihrem neuen Ökosystem beträchtliche Schäden anrichten. Spektakuläre Einwanderer wie die Chinesische Wollhandkrabbe oder die Raubqualle Meerwalnuss sorgen seit langem für Aufmerksamkeit.

Untersuchungen des Umweltbundesamtes (UBA) in deutschen Häfen ergaben 2016, dass dort jährlich etwa 2,2 Millionen Tonnen Ballastwasser aus außereuropäischen Regionen abgelassen wurden. Durchschnittlich fand man etwa 1 Individuum pro Liter. Daraus ergibt sich ein möglicher Eintrag von 6 Millionen Individuen pro Tag in deutsche Gewässer. Die meisten der 200 untersuchten Schiffe kamen aus tropischen und warm-gemäßigten Meeren. Unter den nachgewiesenen Fremdorganismen waren zwei Geißelalgengattungen (Alexandrium und Gonyaulax). Zu ihnen gehören auch Gift produzierende Arten.

Verbreitungsweg für pathogene Keime: Ballastwasser

Lange unterschätzt wurde, dass Ballastwasser auch ein globaler Verbreitungsweg von Viren und Bakterien ist. Wissenschaftler vom Smithsonian Environmental Research Center (SERC) wiesen bereits 2001 darauf hin, dass durch den Ballastwassertransport ein neuer Verbreitungsmechanismus für Krankheitserreger entstanden ist. Er reicht um die ganz Welt.

Drei Antarktische Kieselalgen mit mehreren langen auf dem langem, rechteckigem Körper verteilten Fäden.

Antarktische Kieselalge aus Ballastwasser. Foto: Richard Crawford, Alfred-Wegener-Institut.

Eine Forschungsgruppe des SERC fand bei Untersuchungen in der südlich der US-Hauptstadt Washington gelegenen Chesapeake Bay hohe Konzentrationen von Mikroorganismen, pathogenen Bakterien und Viren. Darunter der Erreger der Cholera (Vibrio cholerae). Ihn entdeckte man sogar in allen Schiffen.

Ballastwasser-Übereinkommen bringt mehr Sicherheit für die Meeresumwelt

Das Übereinkommen bringt nun mehr Kontrolle und Sicherheit. Zukünftig muss Ballastwasser vor der Abgabe in die Meeresumwelt so behandelt werden, dass ein in dem Übereinkommen vorgeschriebener Standard (Norm D-2) erreicht wird. Damit soll die Einschleppung von schädlichen Wasserorganismen und Krankheitserregern auf ein Mindestmaß zu verringert  bzw. ausgeschlossen werden.

Nur für eine Übergangszeit erlaubt das Übereinkommen unter bestimmten Voraussetzungen den Austausch von Ballastwasser (sog. Norm D-1). Langfristig wird aber der strengere D-2-Standard gelten. Denn dieser stellt Qualitätsanforderungen an das abzugebende Ballastwasser. Auf diese Weise will man die Verbreitung toxigener Keime wie Vibrio cholerae, des Darmbakteriums Escherichia coli und von Darm-Enterokokken weitgehend verhindern.

Schiffsneubauten müssen den strengeren Standard sofort erfüllen. Deutschland hat das Übereinkommen bereits mit dem Ballastwasser-Gesetz und der See-Umweltverhaltensverordnung umgesetzt. Ausnahmen gelten allerdings für Kriegsschiffe, Flottenhilfsschiffe oder sonstige Staatsschiffe.

Bakterien und Viren sind äußerst widerstandsfähig

Wirkungsvoller und umweltfreundlicher ist allerdings der Ballastwasserwechsel auf der Hohen See. Organismen, die aus küstennahen Gebieten stammen haben dort kaum Überlebenschancen. Ebenso versehentlich transportierte Passagiere aus der Tiefsee. In einigen Ländern wie den USA dürfen Schiffe erst in die Häfen einlaufen, wenn sie belegen können, dass sie ihr Ballastwasser auf der Hohen See gewechselt haben.

Filtern und anschließende Reinigung mit Chemikalien (Bioziden) dürfte Viren und Bakterien auch nur wenig beeindrucken. Wegen ihrer ausgeprägten Toleranz gegenüber hohen Temperaturen und ihrer Fähigkeit widerstandsfähige Dauerformen zu bilden, lassen sich Invasionen von Mikroorganismen damit kaum aufhalten.

Quelle: Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH)
Grafik oben mit freundlicher Genehmigung des BSH


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